Übersicht
1. Die Entstehung, der Ursprung der Blasmusik allgemein
2. Beginn der Stadtkapelle, Blasmusik in Bühl 1758
3. Bühler Blasmusik über fast 200 Jahre (1759 - 1945)
4. Die Ära unserer vier Dirigenten in den letzten 60 Jahren (1946 - 2007)
1. Die Entstehung, der Ursprung der Blasmusik allgemein
Schon im Altertum treten Blasinstrumente in Verbindung mit verschiedenen Schlaginstrumenten als Signalwerkzeuge auf. Aus Bildzeugnissen wissen wir von Buccina-, Cornu- und Tuba-Bläsern, die in heraldischen und militärischen Funktionen eingesetzt wurden. Die Entwicklungslinie führt von der vorderorientalischen, altägyptischen, altjüdischen, griechischen zur römischen Trompeten-, Horn- und Trommelspielkunst. Mit den Römern kam die hochentwickelte Signalmusik nach Mitteleuropa, wo Luren-Funde aus germanischer Zeit von einem Blasinstrumentenbau und damit wohl von einer gewissen Spielkunst zeugen. Seit dem 13. Jahrhundert liegen Belege dafür vor, daß Blasinstrumente nicht nur zu Signalzwecken, sondern auch als Melodie-Instrumente Verwendung finden.
Der Minnesänger Ulrich von Lichtenstein schreibt: „Mit Pfeifen, Trompeten und Trommeln durchzogen die mittelalterlichen Spielleute die Länder, spielten vor Königen, auf Jahrmärkten, in Badstuben, bei Begräbnissen und bei Freudenfeiern.“ Im 15. Jahrhundert gab es vor allem die Trio- oder Quartettbesetzung mit zwei bis drei Schalmeien und einer Posaune. Im 16. Jahrhundert tritt der Bläserklang immer stärker in den Vordergrund. Tafelmusiken dienten zur fürstlichen Repräsentation bei großen Essen. So erklang 1529 am Hof zu Ferrara beim 5. Gang eine Musik für 5 Posaunen und ein Cornett, während beim 7. Gang eine Blaskapelle mit 2 Flöten, 1 Krummhorn, 1 Cornett und 1 Posaune spielte.
Den fürstlichen Hofkapellen stehen in den Städten, so vielleicht auch in Bühl, Stadtpfeifer und Ratsmusikanten gegenüber, die neben ihrer Tätigkeit als Wächter und Signalgeber bald eine anspruchsvollere, eigenständige Art zu musizieren entwickeln und auch im kirchlichen Rahmen vielfach Verwendung finden. Aus einer alten Rechnung aus Elzach/Schwarzwald von 1711 geht hervor, daß sog. „Freiluft Musiker“ für die Fronleichnamsprozession gebraucht werden und auch bezahlt wurden. Von der Singpraxis her bestimmt ist schließlich die Auffächerung der Blasinstrumente zu registermäßig gegliederten Instrumentenfamilien, die in Sopran-, Alt-, Tenor- und Baß-Lage auftreten. Die Instrumentalformen: Sonate, Sinfonie und Canzonette entstehen und bilden so schließlich die Grundlagen der ersten Blüte des Blasmusikwesens. So bedeutenden Komponisten wie Monteverdi, Schütz, Hammerschmidt, Schein und als Vollender der Barockmusik in Deutschland, Johann Sebastian Bach und Georg Friedrich Händel verdanken wir wegweisende Bläser-Kompositionen.
Eine andere Wurzel des Blasmusikwesens ist bei den Trompetenzügen und bei den militärischen Einheiten des 17. und 18. Jahrhunderts zu finden. In Frankreich hatte 1665 jede Kompanie fünf Trommler und drei Oboisten. 1681 verfügten die deutschen Regimenter jeweils über 12 Schalmeien. Rußland, das den Reichtum der Schlaginstrumente von der türkischen Janitscharen-Musik übernahm, hatte zu Beginn des 18. Jahrhunderts Militärkapellen, die aus 9 Oboisten und 16 Trommlern bestanden. In Österreich führte ein Infanterieregiment im Jahre 1767 2 Oboen, 2 Klarinetten, 1 Fagott, 2 Trompeten, Pfeifer und Trommler und noch Waldhörner.
So bahnte sich im Laufe des 18. Jahrhunderts langsam der Weg der Militärmusik zur Konzertmusik an. Seit dieser Zeit kann von Blasorchestern gesprochen werden. Zu dieser Entwicklung trugen folgende Fakten wesentlich bei: a) die technische Vervollkommnung der Holzblasinstrumente, vor allem der Klarinetten und Flöten; b) die Konstruktion der Ventile für die Blechblasinstrumente; c) zu den bisher vorhandenen Trommeln die Hereinnahme der Schlagwerkzeuge, (Becken, Triangel, Glockenspiel, Lyra ) die durch die Janitscharen-Kapellen des Osmanischen (Türkischen) Reiches mit der abendländischen Musikentwicklung in Kontakt gekommen waren. d) es entstanden neue Instrumente, wie Flügelhorn, Tenorhorn und Bariton, die die Instrumentenfamilien von der Lage Sopran bis zum Baß ergänzten.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war eine Vereinheitlichungsbestrebung zu erkennen, zunächst zwischen den militärischen Blasorchestern, aber auch die „zivilen“ Blasorchester lehnten sich hier eng an. Gründe waren: die Besetzung sollte ähnlich sein, damit auch mehrere Kapellen gleichzeitig und miteinander spielen konnten, die Stimmung der Instrumente sollte gleich sein, damit die gleichen Noten gespielt werden konnten und damit Musiker in verschiedenen Kapellen mitspielen konnten, die Kleidung sollte innerhalb einer Kapelle einheitlich sein. Hier wurden im zivilen Bereich meist abgetragene Militäruniformen benutzt.
Erst nach den beiden Weltkriegen wollten sich die zivilen Kapellen von den Militärkapellen abheben und kleideten sich neu ein, in unserem Gebiet oft in einem Trachten-Look.
Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts wurden viele Musikstücke von bedeutenden Komponisten, die für Sinfonie-Orchester oder kleine Besetzung mit Klavier, Geige und Flöte geschrieben waren, umarrangiert für Blasmusik. Anfangs war man sehr skeptisch, ob deren Klang und Ausführung. Aber selbst so namhafte Musiker wie Berlioz, Rimski-Korsakow, Brahms, Wagner und Richard Strauß waren begeistert und hatten nichts einzuwenden gegen die Bearbeitung ihrer Werke für die Blasmusik. Der Durchbruch war geschaft.
Die Blasmusiker, sowohl die Militärkapellen als auch die zivilen Amateurkapellen, wurden bei allen öffentlichen und vielen privaten Anlässen, Feiern, Festen gebraucht und gern gehört. Es entstanden in vielen Städten und Gemeinden selbständige Kapellen. Die Dirigenten und Ausbilder waren meist ehemalige Militärmusiker. Spezielle Kompositionen für Blasmusik entstanden, die Noten wurden über große Musikverlage wie Halter, Pfitzer, Schulz, Schott, Bohne usw. verkauft. Anfangs handgeschriebene Noten, später gedruckte Noten.